30. April 2008

Hochzeit Teil 2

Der eigentliche Hochzeitstag begann erneut mit der Haldi-Zeremonie, der ich mich diesmal standhaft verweigerte. Anand (musste) durfte diesmal alleine Rituale durchführen, z.B. seine Hand mit Öl einpinseln und gegen ein Stück Zeitungspapier an die Wand im Wohnzimmer drücken, während ich versuchte klaustrophobische Anfälle zu vermeiden und lieber auf die Suche nach einem BeautyParlor ging, (also Schönheitssalon) um jemanden zu finden, der meine Haare in letzter Minute irgendwie hochstecken könnte.

Nach mehreren Versuchen in Salons, deren Katalogbilder schon so aussahen, dass ich mir sagte, das kann sogar ich besser, fand ich einen Salon, der sehr voll war, aber sie hatten noch Zeit für mich. Leider konnten sie nicht nach Hause kommen (nicht dass da Platz wäre) sondern wir vereinbarten, dass ich nach der Pooja vorbeikommen würde und die Haare für die anschließende Reception zurechtgemacht werden würden.

Nach dem späten Mittagessen war auch der Priester bereits anwesend und bereitete alles für die religiöse Zeremonie vor. Ich zog mein grün-blauen Chaniya Choli an und los gings. Der erste Teil war nur für Anand, so dass ich noch etwas entspannen konnte aber dann gab es kein zurück mehr, nun hieß es drei Stunden stillsitzen (dabei hatte er uns zwei Stunden versprochen :( ...

Von den Dingen die ich nicht kann, ist eines lange im Schneidersitz zu sitzen. Ich bekomme es zwar noch länger auf einem weichen Kissen hin, aber auf der dünnen Matte über dem Fliesenboden fingen meine Beine schon nach einer halben Stunde an sehr weh zu tun. Nach noch einer halben Stunde schlief mein eines Bein ein, bis zum Knie, dann mein anderer Fuß und wenn immer ich mein Bein anders ausstreckte wurde ich gleich wieder ermahnt vernünftig (im Schneidersitz) zu sitzen... dazu wurden jede Menge Mantras u.s.w. gebetet und wir mussten nach Anweisung entweder Blumen, Reis, Früchte, Geld oder Wasser irgendwo hinbefördern.

Dann kam das Feuer. Bei 40 °C im Schatten, dann natürlich ohne Ventilator wurde eine große (!) Feuerstelle mitten im kleinen Wohnzimmer angezündet, in die wir nun abwechselnd Ghee (Joghurtbutteröl) bzw. Holzspäne und Reis werfen mussten. Ein Saunagang kann nur kälter sein. Ich war von oben bis unten klatschnass, versuchte in Deckung zu gehen vor den glühenden Reiskörnern, die durch die Hitze hochgeschleudert wurden und dachte über die schlimmsten Unfälle nach, die mit offenem Feuer passieren können, vorallem wenn man (ich) jede Menge wehende Tücher umgebunden bekommen hat. (Aber wie sagte schon meine Oma so schön: “Das hast du jetzt davon, wenn du in der Fremde heiraten willst!”)

Dazu kam, dass alle Gäste in eine Art Starre verfielen, so dass niemand daran dachte Fotos zu machen (ich konnte ja schlecht fotografieren). In diesem Ritual gab es kein Bestehen, es ging nur ums Überstehen. Dann wurde endlich der Knoten zwischen Anands Tuch und meinem gebunden, mit selbigen stapften wir unsere Runden ums Feuer, mein Rock fing wider Erwarten kein Feuer, Pooja erledigt.

Ich zog mich in Minutenschnelle um (Outdoorshirt- und -Hose, schnelltrocknend, robust und nur bedingt festlich), rannte vor sämtlichen Gratulanten davon, um schnell zum Friseursalon zu kommen (5 min Weg über die Fußgängerbrücke). Dann musste ich aber das Hochzeits-Auto nehmen, was einen Umweg von zehn Wegminuten bedeutet, totale Zeitverschwendung und unnötig war, aber besser aussah vor den Gästen (no comment). Die Damen vom Salon waren wirklich schnell und so ging es, mit frischfrisierten Glitzerkopf schon nach 20 Minuten zurück zum Haus. Das Auto geriet aber in einen Verkehrsstau (bedingt durch zwei weitere Hochzeitsumzüge, einen in die eine und einen in die andere Richtung) und so dauerte der Rückweg nochmals 30 Minuten. Jetzt hatte ich zehn Minuten für Sari anziehen, Make-Up auftragen und Schmuck anlegen, in der lauschigen Finsternis des Schlafzimmers, nur erhellt von der Taschenlampe, denn wir hatten wieder Stromausfall. Halbwegs fertig, ging es erneut im Laufschritt die Treppen herunter (nun in weniger robusten High Heels), dann mussten wir auf das Auto warten, das im Pendeleinsatz zwischen Hochzeitsplatz und Wohnung im Stau steckte und kamen endlich am Ort des Geschehens an. Aufgrund dessen, dass die Pooja eine Stunde länger dauerte und auch der Stau unüblich war, waren wir anderthalb Stunden zu spät. Manche Gäste waren schon wieder gegangen, alle anderen waren mit dem Buffet beschäftigt.... Dank unser glänzenden Vorbereitung, hatten niemand Blumengirlanden besorgt, die Kappe, die Anand tragen sollte war verschollen, bis zuletzt konnte sich niemand auf einen DJ einigen, so dass es keine Musik gab und es gab auch keinen Konfettiregen, was dem bestellten Fotografen einiges Kopfzerbrechen bereitete, stahl es ihm doch die Hälfte seiner typischen Hochzeitsfotos.

Zum Fotografieren mit unseren beiden privaten Digitalkameras konnten wir wiederum niemanden überreden, was mich wirklich empörte So haben wir nur sehr wenig Fotos von unser eigenen Hochzeit und kein einziges nicht gestelltes.

Also wir kamen mit dem Auto an, allein sein Bruder erwartete uns und eigentlich bekam keiner so richtig mit, wie wir ankamen, nur standen wir halt plötzlich auf der Bühne herum und während einige noch überlegten, ob sie sich jetzt gegen das Essen und zum uns Gratulieren entschließen sollten, kamen die ersten zögernd an, weil sie noch was (besseres) anderes an dem Tag zu tun hatten und den Gratulationsteil schnell hinter sich bringen wollten. Bald bildete sich eine lange Schlange von Gratulanten, die uns entweder Geld oder Geschenke geben wollten, die man an sich professionell höflich lächelnd entgegen nimmt und dann nach hinten weiterreicht. Nicht so bei Anand, er kämpfte gegen jedes Geschenk und Geldumschlag, so dass wir jedem Gast (!) die Füße berühren mussten um stattdessen Segnungen zu bekommen und nicht nur denen, bei denen es Pflicht ist (eine echte Tortur mit hochhackigen Schuhen und Glitzersaree, dessen Pallietten nur darauf warten, sich ineinander zu verkeilen).

Als ich ihn fragte, warum er sich so seltsam verhält, erklärte er mir, dass das Geld für die Familie bestimmt ist, um wenigstens ein paar Unkosten der Heirat zu tragen, also muss es seine Mutter entgegennehmen. Leider wusste das ausser ihm offenbar keiner, denn ich sah niemanden, der den Umschlag danach seiner Mutter reichte. Stattdessen ergriff ich, bevor Anand etwas sagen konnte nun immer beherzt den Umschlag und ignorierte seine Blicke, so konnte ich immerhin 5000 Rupien (pro Umschlag meist 100 Rs. 5000: ca. 100 € =) einsammeln, ist nicht viel aber immerhin etwas für die Familienkasse. Nach ca. zwei Stunden gratuliert werden, waren auch die letzten Gäste gegangen (es waren mehr gekommen, als gedacht, statt 200 waren es 260 gewesen, keine Ahnung wer die wie gezählt hat...) und das Brautpaar, also wir, konnte auch etwas essen.

Nun waren wir wirklich müde, es war ein langer Tag und wir wollten nur noch schlafen. Es warteten noch x-Rituale auf uns, die wir sämtlichst ignorierten und Anand verwehrte sich auch sämtlichen Spielchen der Nichtverheiraten, die darauf zielten, ihn möglichst lange vom Ehebett fernzuhalten (sooo lustig, vorallem nachts um zwei, wenn man todmüde ist und soo sinnvoll, wenn man das Zimmer eh mit Neffe, Schwester und x-weiteren Verwandten teilt). ... ...

(Fotos zu diesem Beitrag werden nachgereicht.)

2 Kommentare:

  1. Es ist meine Lieblingsbeschaeftigung, mich ueber mangelnde Hochzeitsplanung aufzuregen. Wir hatten kuerzlich gleich zwei solcher schlecht durchdachten Spektakel. ;)

    Herzlichen Glückwunsch übrigens!

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  2. Danke schön :-)
    Ja, irgendwie war meine eigene Hochzeit von allen die ich bisher mitgemacht habe, die am schlechtesten organisierte :-(
    dabei sollte man meinen, wir haben was daraus gelernt.. immerhin konnte ich mich so ganz ohne DJ auch nicht darüber aufregen, dass selbiger in zwei Stunden drei mal den kompletten om shanti om- soundtrack abspielt
    und jetzt nur pauschal dem Priester die Schuld geben, weil er eine Stunde überzogen hat und sich außerdem weigert das Registrierungsformular zu unterzeichnen, ist zwar einfach aber auch etwas unfair, er ist bestimmt in seiner Freizeit ein ganz netter... =)

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